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Pilotprojekt Nistkästen: Herbstputz beweist großen Erfolg

Bochum (straßen.nrw). Am Anfang des Pilotprojekts Nistkästen stand der Wunsch nach effektiven und umweltfreundlichen Methoden, gegen den Eichenprozessionsspinner vorzugehen. Die Idee: Nistkästen aufhängen und so Meisen und andere Singvögel anlocken, damit diese die haarigen Raupen an ihren Nachwuchs verfüttern. Die herbstliche Kontrolle der durch den Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen (Straßen.NRW) in einem Pilotversuch aufgehängten Nistkästen ergab: „Alle Nistkästen waren in diesem Jahr belegt“, berichtet Straßen.NRW-Baumkontrolleur Jan Wippermann. Die Blau- und Kohlmeisen und anderen kleinen Singvögel haben die Holzkästen mit dem kleinen Einflugloch entlang verschiedener Landesstraßen der Straßen.NRW-Regionalniederlassung Ruhr offenbar dankbar angenommen. Jetzt im Herbst werden die Kästen gereinigt und damit bereit gemacht für die nächste Saison.

Langsam fährt der Hubsteiger nach oben, dann navigiert Streckenwart Maurice Gutsche die kleine Plattform vorsichtig an die Eiche heran, die am Straßenrand der L736 (Lippenstraße) im Hammer Stadtteil Rhynern steht. So kommt er ganz nah an den Nistkasten, der hier von der Straße abgewandt am Baumstamm hängt. Mit einer Hand öffnet er die Klappe an der Vorderseite des Kastens aus massivem Holz und schaut hinein. Ein Vogelpaar hatte hier in diesem Jahr ein Nest gebaut und gebrütet. „Das sieht schon sehr kuschelig aus“, lacht er beim Anblick des Nests aus kleinen Zweigen, Moos und Haaren. Mit einer kleinen Kelle hebt er das alte Nest heraus, kratzt dann das Innere des Nistkastens sauber. Zu seinem eigenen Schutz trägt er Handschuhe und eine Maske. „Das Säubern staubt schon ein bisschen. Und man weiß auch nie, ob die Vögel vielleicht krank waren oder ob sich noch Parasiten im Nest befinden.“ Zuweilen findet Gutsche auch die Spuren unerwarteter Gäste wie Hornissen oder Wespen, die eingezogen sind, nachdem die Vogelbrut schon ausgeflogen war. Um diese Jahreszeit sind aber auch diese Nester in der Regel schon leer. Aber damit die Nistkästen dauerhaft von Vögeln genutzt werden können, müssen sie jährlich gereinigt werden.

Unten warten derweil seine beiden Kollegen am Kolonnenwagen, die den Hubsteiger absichern und den vorbeifließenden Verkehr und ihren Kollegen in luftiger Höhe gleichermaßen im Auge behalten. Langsam fährt Gutsche wieder nach unten, löst seinen Sicherungsgurt vom Karabiner und steigt aus dem Hubsteiger. Die Kollegen beginnen sofort damit, die Standfüße des Hubsteigers hochzufahren, schieben die Standplatten mit routinierten Griffen in die Halterungen und sammeln die Warnkegel ein, die verhindern sollen, dass Verkehrsteilnehmende zwischen Hubsteiger und Kolonnenwagen einscheren. Dann fahren beide Fahrzeuge langsam zum nächsten Nistkasten, rund 100 Meter entfernt. Die Standfüße des Hubsteigers fahren aus, die Warnkegel werden entlang der Mittellinie platziert und Maurice Gutsche steigt wieder auf, gerüstet mit Handschuhen, Maske und Kelle.

Rund 120 Nistkästen hängen mittlerweile an den Eichen in einzelnen Abschnitten von Landesstraßen unter anderem in Hamm, Bottrop und Recklinghausen. Weil auch Singvogelpaare ein eigenes Territorium benötigen, hängen die Kästen jeweils nur an jeder zweiten oder dritten Eiche. Wo die einzelnen Kästen hängen sollen, wurde vorab gut überlegt, denn: Das Einflugloch sollte weder zur Wetterseite (Westen) zeigen, noch sollte der Kasten längere Zeit der Sonne ausgesetzt sein (Süden). Eine Ausrichtung nach Osten oder Südosten ist daher ideal. Hinzu kommt: Das Einflugloch ist jeweils von der Straße abgewandt, damit die Vögel nicht durch oder über den fließenden Verkehr fliegen müssen, wenn sie ihr Nest verlassen oder zu ihm zurückkehren, erklärt Jan Wippermann. Die Nistkästen aus massiven Holz sind spechtsicher, wurden von der Lebenshilfe gefertigt und durch die Baumkontrolleure der Straßen.NRW-Regionalniederlassung Ruhr aufgehängt, tatkräftig unterstützt durch Mitarbeitende der Straßenmeistereien Marl und Unna.

Eine erfolgreiche Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners hängt von vielen Faktoren ab, deshalb setzt Straßen.NRW auf eine Kombination verschiedener Methoden. Die Mottenart befällt vorwiegend Stiel- und Traubeneichen und profitiert von milden Wintern. Die feinen Haare ihrer Raupen enthalten ab einem bestimmten Entwicklungsstadium ein Nesselgift, das die Atemwege reizen und allergische Reaktionen bei Menschen und Tieren auslösen kann. Die Brennhaare können bis zu einem halben Kilometer weit fliegen und stellen bis zu drei Jahre lang eine Gesundheitsgefahr dar, wenn sie nicht fachgerecht entfernt werden. Auch die Bäume selbst leiden unter dem starken Befall, zumal wenn die Eichenprozessionsspinner zusätzlich zu weiteren Schädlingen wie dem Eichenwickler auftreten. Im Frühjahr werden befallene Bäume an Landes- und Bundesstraßen deshalb im Abstand von zwei Wochen jeweils in den Abendstunden mit einem Biozid bespritzt, das von den Raupen beim Fressen der Blätter aufgenommen wird. Das Bakterium ist für Menschen sowie andere Säugetiere, Vögel, Amphibien und Bienen ungefährlich.

Da die Raupen jedoch nicht statisch nur an einem Standort bleiben, sondern von Baum zu Baum wandern, kann auch der Einsatz von Spritzmitteln die Vermehrung des Eichenprozessionsspinners nicht vollständig verhindern. So versuchten zuerst verschiedene Gemeinden in den Niederlanden, Nistkästen in im Vorjahr befallenen Bäumen aufzuhängen und so die natürlichen Fressfeinde der haarigen Raupen anzulocken. Die ersten Meldungen klangen erfolgversprechend. Deshalb suchten die Baumkontrolleure der Straßen.NRW-Regionalniederlassung Ruhr nach Standorten an den Landes- und Bundesstraßen in ihrem Zuständigkeitsbereich, die sich für einen eigenen Pilotversuch eignen würden. Und sie wurden fündig: Landesstraßen der Straßenmeistereien Marl und Unna mit vielen Eichen entlang der Fahrbahn und nicht zu starkem Verkehr. Nachdem der Pilotversuch bewiesen hat, dass die kleinen Höhlenbrüter Nistkästen auch an Landesstraßen zur Aufzucht ihrer Jungen annehmen, würde Wippermann gerne weitere Kästen aufhängen. „Es ist eine gute Ergänzung zu unseren anderen Maßnahmen gegen den Eichenprozessionsspinner. Und es ist auch eine tolle Sache, dass wir so zusätzlich die Artenvielfalt bei Singvögeln fördern können.“

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