Minister Oliver Krischer: „Sanierung und Erhalt unserer Infrastruktur ist entscheidend für unsere Zukunft“
Pressemitteilung des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen
Minister informiert sich vor Ort über den Zustand der
Brückeninfrastruktur in Nordrhein-Westfalen – Prüfungsergebnisse von 6.422 Brücken
Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr teilt mit:
Die Straßen-, Schienen- und Schifffahrtsinfrastruktur sind wesentliche Garanten für die wirtschaftliche Entwicklung auch in Nordrhein-Westfalen. Der Erhalt der Infrastruktur, besonders der Brücken, ist vielerorts aber akut gefährdet. „Wir haben uns jahrzehntelang zu wenig um die vorhandene Infrastruktur gekümmert. Das holt uns jetzt mit kaputten Brücken ein“, sagte Oliver Krischer, Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen, bei einem Informationsbesuch zum Zustand der Straßenbrückeninfrastruktur in Wipperfürth. Allein in die Zuständigkeit des Landes Nordrhein-Westfalen fallen derzeit insgesamt 6.422 Brücken (7.308 Teilbauwerke), die durch den Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen betreut werden. „Ein großer Teil der Brücken in Nordrhein-Westfalen wurde in den 60er und 70er Jahren gebaut. Sie sind nicht für die heutigen Verkehrsbelastungen ausgelegt. Eine Folge wird in den nächsten Jahren und Jahrzehnten voraussichtlich ein vermehrt schlechterer Zustand unserer Brücken sein, die deshalb vielfach saniert oder neu gebaut werden müssen“, sagte Minister Krischer zu den aktuellen Ergebnissen der Bauwerksprüfung durch Straßen.NRW. „Da gibt es eine Bugwelle, der wir begegnen, in dem wir der Sanierung, dem Erhalt und dem Ersatz von Brücken Vorrang einräumen. Knappes Geld und noch knappere Personalkapazitäten werden wir dort einsetzen müssen, wo sie am dringendsten gebraucht werden.“ So soll in den kommenden fünf Jahren in erheblichem Umfang vor allem in die Sanierung von Straßen und Ingenieurbauwerken investiert werden, um die Infrastruktur zukunftsfest zu machen. Das gelte gerade auch für die Brückeninfrastruktur in Nordrhein-Westfalen.
In der Zuständigkeit des Landesbetriebs Straßenbau NRW befinden sich derzeit (Stichtag: 1. Januar 2023) rund 2.583 Brücken im Zuge von Bundesstraßen und 3.839 Brücken im Zuge von Landesstraßen. Das mittlere Alter der Brücken an Bundes- und Landesstraßen liegt bei etwa 50 Jahren. Viele Brücken haben längst die Hälfte oder mehr ihrer theoretischen Nutzungsdauer erreicht. Sorgen machen mit Blick auf die Bugwelle vor allem die Brücken, die nur noch einen ausreichenden oder noch schlechteren Zustand haben. Dieser Bauwerksbestand wird von Straßen.NRW im Rahmen von Bauwerksprüfungen wie auch in anderen Bundesländern gemäß DIN 1076 regelmäßig und systematisch überprüft:
Die aktuellen Ergebnisse der Bauwerksprüfung stellen sich wie folgt dar:
Die aktuellen Ergebnisse der Bauwerksprüfung stellen sich wie folgt dar:
. | Zustandsnote | Zustandsnote | Zustandsnote | Zustandsnote | Zustandsnote | Zustandsnote |
. | 1,0 bis 1,4 | 1,5 bis 1,9 | 2,0 bis 2,4 | 2,5 bis 2,9 | 3,0 bis 3,4 |
3,5 bis 4,0 |
Brücken Bundesstraßen | 14,7 % | 21,9 % | 46,7 % | 14,3 % | 2,1% | 0,2 % |
Brücken Landesstraßen | 11,6 % | 14,7 % | 50,5 % | 18,9 % | 3,9 % | 0,4 % |
1,0 bis 1,4: sehr guter Bauwerkszustand
1,5 bis 1,9: guter Bauwerkszustand
2,0 bis 2,4: befriedigender Bauwerkszustand
2,5 bis 2,9: ausreichender Bauwerkszustand
3,0 bis 3,4: nicht ausreichender Bauwerkszustand
3,5 bis 4,0: ungenügender Bauwerkszustand
Darüber hinaus werden im Rahmen einer statischen Nachrechnung die Brücken in Zuständigkeit des Landes Nordrhein-Westfalen systematisch untersucht, bei denen Defizite im Tragverhalten aus heutiger Sicht mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Die Ergebnisse der Bauwerksprüfung und der Brückennachrechnung sind eine wesentliche Grundlage für die Brückenerhaltung des Landes Nordrhein-Westfalen.
Entsprechend dieser Systematik sind in der Verantwortung von Straßen.NRW derzeit 205 Ersatzneubauten, 22 Brückenverstärkungen und 69 Brückeninstandsetzungen im Zuge von Landes- und Bundesstraßen erforderlich (Stand 01.01.2023). Allein für die Brücken im Zuge von Bundes- und Landesstraßen beziffert das Ministerium den Sanierungs- und Erhaltungsbedarf auf gut 1,8 Milliarden Euro.
Darüber hinaus sind im Zuge von Autobahnen laut Information des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr in Nordrhein-Westfalen 873 Brücken-Teilbauwerke besonders sanierungsbedürftig. „Die Sanierung und der Erhalt unserer Infrastruktur sind entscheidend für die Zukunft unseres Landes. Hier muss der Bund die Prioritäten setzen“, betonte Mi-nister Krischer.
In den vergangenen Jahren ist der Brückenbestand, unter anderem bedingt durch den großen Anteil älterer Bauwerke, stark in den Fokus gerückt. Immer wieder werden Brückensperrungen oder Lastbeschränkungen erforderlich, die vor allem auf den stark gestiegenen Güterverkehr der vergangenen Jahrzehnte zurückzuführen sind, durch den sich die Belastung insbesondere der Brücken im Zuge von Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen deutlich erhöht hat. Hinzu kommt, dass sich über die Jahrzehnte auch die zulässigen maximalen Achslasten und Gesamtgewichte für schwere Lkw kontinuierlich erhöht haben. „Gleichzeitig bestehen bei vielen Brücken strukturelle Mängel“, sagte Dr.-Ing. Petra Beckefeld, Technische Direktorin des Landesbetriebs Straßenbau NRW. So sei zum Beispiel in den Hoch-Zeiten des Brückenbaus von Anfang der 1960er bis Mitte der 1980er Jahre in der Regel sehr materialsparend - und somit nur mit geringen statischen Reserven – gebaut worden. Beckefeld: „In Kombination mit den heutigen wesentlich höheren Verkehrslasten und -mengen ergeben sich Defizite, die bei vielen Bauwerken, auch mit den seinerzeitig eingerechneten Sicherheiten, nicht mehr vollständig zu kompensieren sind.“
Im abgelaufenen Jahr konnte Straßen.NRW 64 Brückenmaßnahmen an Landes- und Bundesstraßen in Form von Ersatzneubauten, Instandhaltungen und Verstärkungen mit einem Gesamtvolumen von gut 70 Millionen Euro fertigstellen. Für 2023 sind 67 Maßnahmen mit einem Volumen von fast 100 Millionen Euro geplant.
Zu diesen geplanten Brückenmaßnahmen gehört auch die Wipperbrücke Ohl, die sich im Zuge der B 256 zwischen Wipperfürth-Ohl und Marienheide befindet. Die in den 1950er Jahren erbaute Plattenbalkenbrücke ist marode und die Tragfähigkeit bei der gegenwärtigen Belastung nicht mehr vollumfänglich gewährleistet. Ein Neubau war daher zwingend erforderlich. Weil die Tragfähigkeit der Brücke bereits mangelhaft ist, wurde dort eine einspurige Verkehrsführung mit Ampelschaltung eingerichtet, um die Belastung des Bauwerks zu reduzieren. Die Baumaßnahme selbst wird ebenfalls unter Aufrechterhaltung des Verkehrs mithilfe einer provisorischen Ampelschaltung halbseitig ausgeführt. Für den Verkehrsfluss ändert sich insofern nichts.
Die Brücke wird durch einen Ersatzneubau komplett ersetzt werden. Baubeginn war bereits im August 2022. Fertigstellung soll im Frühjahr 2024 sein.
Minister Krischer fordert mit Blick auf den Sanierungsstau auf den Autobahnen auch mehr Engagement des Bundesverkehrsministers. „Wir haben in Deutschland einen gewaltigen Investitionsstau, gerade auch bei den Autobahnen und der Schieneninfrastruktur.“, betonte Krischer. „Der Bund hat in Nordrhein-Westfalen 2022 gerade mal 41 und damit weniger als die Hälfte der erforderlichen Zahl der Autobahnbrücken saniert. Das mache ich Herrn Wissing nicht zum Vorwurf, denn er hat das Problem auch nur geerbt. Aber er muss die Brückenerneuerungen jetzt zur Chefsache machen. Wir brauchen eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund und Land, um die Straßen- und Brückeninfrastruktur zu erhalten.“
Pressefoto vom Info-Termin von Minister Krischer
Minister Krischer beim Info-Termin an der Wipperbrücke im Zuge der B256 (346,5 KiB, JPG)