L712n: Umgestaltung des Knotenpunkts der Ostwestfalenstraße
Straßen.NRW baut die Kreuzung der Ostwestfalenstraße mit der Oerlinghauser Straße kreuzungsfrei um. Die "Brille" - der neue Knotenpunkt ähnelt in den Plänen einer Sehhilfe - dient vor allem dazu, die Leistungsfähigkeit des Streckenzugs zu erhöhen und die Unfallhäufungsstelle, die die Kreuzung in den 1980er Jahren war, zu entschärfen.
Überblick
- Die Ostwestfalenstraße ist eine wichtige Verbindung zwischen der A2 und der A44.
- Verkehrsprognosen sehen eine Zunahme des Verkehrs: 2025 könnten bis zu 16.500 Kraftfahrzeuge pro Tag über die Ostwestfalenstraße fahren, auf der kreuzenden Oerlinghauser Straße bis zu 10.000 pro Tag.
- Der kreuzungsfreie Ausbau sorgt nicht nur für eine angemessene Leistungsfähigkeit der Strecke, sondern ist auch die verkehrssicherste Variante.
- Zukünftig wird die Oerlinghauser Straße über eine Brücke über die Ostwestfalenstraße geleitet. Die Anbindung erfolgt dann über zwei Kreisel.
- Baustart war Anfang Juni 2021.
- Zurzeit wird die Oerlinghauser Straße (L751) über Kreisel und Rampen an die Ostwestfalenstraße angebunden.
Die "Brille"
Die Bauphase
Seit 16. Oktober 2023 ist die Oerlinghauser Straße im Baubereich gesperrt, um sie mit Kreiseln an die Ostweststraße anzubinden. Die Ostweststraße ist weiterhin beidseitig befahrbar.
Aktuell werden an der Brille die Trag- und Binderschichten aufgebracht. Dabei handelt es sich um die unteren Asphaltschichten, auf denen später die eigentliche Asphaltdecke der Fahrbahn aufgebracht wird. Die Tragschicht sorgt dabei für einen gleichmäßigen Abtrag der Lasten in den Untergrund. Die Binderschicht ist besonders verformungsbeständig und baut Schublasten, die zum Beispiel durch Bremsvorgänge entstehen, ab.
An den Fahrbahnseiten sollen dann in Kürze die Betonrinnen gezogen werden. Dafür wird eine trockene Witterung benötigt, da ansonsten der verwendete Beton verlaufen kann. Im Bereich der Kreisverkehrsplätze wird dann auch die dort verwendete Betonfahrbahn aufgebracht. Eine Asphaltdecke würde aufgrund der höheren Belastungen im Kreisel zu schnell verschleißen.
Ab 22. April wird die Ostwestfalenstraße im Baustellenbereich auf rund 500 Metern saniert (hier geht es zur entsprechenden Meldung). Der Verkehr kann während der rund zweimonatigen Bauzeit durchgehend fließen. Die Oerlinghauser Straße bleibt bis zur Fertigstellung der Gesamtmaßnahme im Sommer 2024 gesperrt.
Für den Ausbau der Schnittstelle sind rund 4,5 Millionen Euro kalkuliert.
Eindrücke der Baustelle (Februar 2024)
Der Straßenbau
Seit Frühling 2022 läuft auf der Baustelle der Straßenbau. Die Oerlinghauser Straße wird leicht Richtung Westen verschwenkt und über die neue Brücke geführt. Die Anbindung an die Ostwestfalenstraße erfolgt über zwei Kreisel mit jeweils 40 Meter Querschnitt und entsprechende Rampen. Die Kreisverkehre werden aus komplett aus Beton gebaut, um sie widerstandsfähiger gegen Fliehkräfte zu machen. In Kreiseln erzeugt der Verkehr Zentrifugalkräfte, die den Belag stärker - vor allem durch schwer beladene LKW - belasten als der Verkehr auf gerade Strecke. Beton ist dabei haltbarer als Asphalt.
Streckenbau (September 2023)
Anbindung der Brille (September 2023)
Eindrücke von September 2022
Der Brückenbau
Zu Baubeginn wurden zunächst die beiden Auflager der zukünftigen Brücken neben der Straße gebaut. Die Brücke hat eine Spannweite von 26 Metern. Im September 2021 wurden insgesamt sieben Spannbetonfertigteile mittels Autokränen aufgelegt. Mit dieser Bauweise musste die Ostwestfalenstraße lediglich einen Tag voll gesperrt werden und stellte somit die minimalste Verkehrsbeeinträchtigung dar.
Auf die Fertigteile wurde dann noch weiterer Ortbeton aufgebracht und abschließend der Fahrbahnbelag. Die Brücke wurde im Frühjahr 2022 fertiggestellt.
Hintergrund
Seit Ende der 1980er Jahre wurde die bisherige, höhengleiche Kreuzung aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens auf beiden Straßen regelmäßig als Unfallhäufungsstelle eingestuft. Allein in den Jahren 1989 bis 1993 ereigneten sich hier 47 Unfälle, drei davon mit Todesfolge, so dass der Kreis Lippe bereits 1991 einen höhenungleichen („teilplanfreien*“) Umbau beantragte. 1993 erfolgte eine entsprechende Zusage des Ministeriums für Städtebau und Verkehr des Landes NRW.
Da zur Verbesserung der Verkehrssicherheit ein schneller Handlungsbedarf bestand und eine zeitnahe Realisierung der Maßnahme nicht möglich war, wurde im Oktober 1999 ein provisorischer Kreisverkehrsplatz aus Recyclingelementen hergestellt, der bis dato seine Funktion erfüllt hat: Seitdem hat es keine schweren Unfälle mehr gegeben.
Die Maßnahme ist Teil eines Gesamtkonzepts zur Ertüchtigung der Ostwestfalenstraße. Vorgesehen sind die teilplanfreie Umgestaltung mehrerer Knotenpunkte sowie die Herstellung eines gesamten dreistreifigen Querschnitts von Bielefeld bis nach Lemgo. Zurzeit wird der Querschnitt zwischen der Bielefelder/Bextener Straße und der Leopoldshöher Straße saniert und in eine 2+1-Führung ummarkiert. Weitere Infos hier.
*teilplanfreie Knotenpunkte verbinden Straßen auf zwei Ebenen und bestehen aus Ein- und Ausfahrten an der übergeordneten Straße (Ostwestfalenstraße) und Teilknotenpunkten an der untergeordneten Straße (Oerlinghauser Straße). Das Prinzip sieht man häufig an Autobahn-Anschlussstellen.
Ökologischer Ausgleich
Vor Beginn der eigentlichen Bauarbeiten wurden entlang der zukünftigen Oerlinghauser Straße 26 Sommerlinden als vorgezogene Artenschutzmaßnahme gepflanzt. Sechs weitere Linden werden auf die beiden Kreisverkehre gesetzt. Sie dienen als Leitstruktur für Fledermäuse, weil sie die Bäume als Hindernisse wahrnehmen und deshalb höher steigen und dadurch nicht mehr vom Verkehr erfasst werden. Einen vergleichbaren Zweck erfüllen die zwei Meter hohen Irritationsschutzzäune, die auf der Brücke angebracht sind.