Seiten-URL: https://www.strassen.nrw.de/de/b474n-neubau-als-ortsumgehung-fuer-die-staedte-waltrop-und-datteln-umweltaspekte.html
Ruhr | Datteln | Waltrop | B474nIn Umsetzung

B474n: Neubau als Ortsumgehung für die Städte Waltrop und Datteln Informationen zu den Umweltaspekten

Seit November 2018 wurden im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Kompensationsmaßnahmen entlang der L609 (Münsterstraße) nördlich des Datteln-Hamm-Kanals auf insgesamt 38 Hektar Ausgleichsflächen mit überwiegend artenschutzrechtlichem Bezug geschaffen.

Weitere 70 Hektar Ausgleichsflächen werden im Bereich Waltrop geschaffen.

Ausgleichsmaßnahmen Datteln

Zu den Ausgleichsmaßnahmen gehören unter anderem:

  • dreizehn Hektar Extensivgrünland – das entspricht der Fläche von etwa 51 Tennisplätzen
  • eine 1,1 Hektar große Streuobstwiese, die Insekten, Vögeln und Kleintieren Nahrung und Lebensraum bietet
  • mehr als 20 Hektar Wald und Feldgehölze und
  • Straßenbegleitgrün mit einer Gesamtfläche von zehn Hektar.

Dafür wurden unter anderem 16.000 heimische Büsche und 100 Bäume gepflanzt und auf 40.000 Quadratmetern ehemaliger Ackerflächen Einsaaten für Grünland eingebracht. Auf den Kompensationsflächen entsteht eine vielfältig strukturierte Landschaft, die Raum für viele verschiedene Pflanzen- und Tierarten bieten wird. Dafür werden Waldflächen, Brachen und Obstwiesen sowie breite straßenbegleitende Baum- und Strauchpflanzungen angelegt, indem zum Beispiel Bäume und Sträucher gepflanzt und auf Grünlandflächen einheimische Wildkräuter eingesät werden.

Um die Brutreviere von Kiebitz, Waldohreule und Nachtigall zu sichern, wurden vor Baubeginn Flächen in sogenanntes Extensivgrünland umgewandelt. Unter extensiver Grünlandwirtschaft versteht man die Offenhaltung von naturgeschützten Kulturlandschaften, die historisch durch geringen Baum- und Strauchbewuchs geprägt sind. Diese Flächen haben verschiedene Funktionen: Sie dienen Wiesenbrütern als Brutgebiete, bieten aber auch andere Kleintieren Lebensraum und sind daher auch Jagdreviere für Raubvögel. Zusätzlich wurden im Winter 2018/2019 die ersten Bäume und Sträucher gepflanzt und unter anderem ein fünf Hektar großer Laubwald zwischen Wesel-Datteln-Kanal und Lippe angelegt. Alle Pflanzungen wurden gegen den Verbiss durch Wild gesichert. Zudem werden die Bäume und Sträucher in den ersten drei Jahren nach ihrer Pflanzung regelmäßig gewässert und in den folgenden Jahren weiter gepflegt, z.B. durch Rückschnitte.

Auf weiteren Flächen entstanden Nisthilfen für den Steinkauz und den Waldkauz und unterschiedliche Quartiere für verschiedene Fledermausarten. Darüber hinaus wurden im Waldgebiet Deipe alte Bäume, die für Fledermäuse Höhlen als Brut- oder Wohnstätten bieten, gesichert. Die Entwicklung von Höhlenbäumen auf der Fläche wird künftig durch gezielte Bewirtschaftung gefördert.

Um Kollisionen zwischen dem Verkehr auf der B474n und kreuzenden Vögeln und Fledermäusen zu vermeiden, entstehen während des Baus der Straße Überflughilfen. Dafür wurden auf Teilbereichen der Strecke sogenannte Leitpflanzungen aus Laubbäumen, Wildobstbäumen und Sträuchern angelegt. In Teilbereichen wurden entlang der Trasse vier Meter hohe Überflughilfen gebaut, die optisch an sehr hohe Zäune erinnern. Das Maschengeflecht ist besonders eng, damit Fledermäuse es anhand von Schallwellen orten können. Die massive Bauweise ist notwendig, weil die Überflughilfen nicht nur Vögel und Fledermäuse leiten, sondern auch als Wildsperrzaun dienen. Da der Untergrund zum Teil nur wenig tragfähig ist, wurden die Überflughilfen mit Bohrpfahlköpfen im Untergrund verankert und mit zusätzlichen Betonelementen am Boden stabilisiert. So können sie auch die erheblichen Lasten von Wind, Schnee und Eis aushalten. Auf weiteren insgesamt 1.000 Metern entlang der Trasse wurden Wildschutzzäune installiert.

Vor Baubeginn entstanden rund um das Baufeld temporäre Amphibiensperreinrichtungen. Diese sorgten dafür, dass Kröten, Frösche und Molche nicht auf die Baustelle wandern und dort verletzt werden. Experten sammelten die Amphibien regelmäßig entlang eines insgesamt knapp zwei Kilometer langen Sperrzaunes ein und halfen ihnen, die Baustelle gefahrlos zu überqueren. Entlang der B474n verhindern künftig dauerhafte Sperreinrichtungen, dass Amphibien und andere Kleintiere auf die Fahrbahn gelangen. Mittels eines Durchlasses können sie künftig gefahrlos die Straße unterqueren. Zudem wurde ein Stillgewässer für Amphibien mit einer Fläche von 2.500 Quadratmetern angelegt – das entspricht der Größe von zwei Olympischen Schwimmbecken. Hier haben sich bereits verschiedene Tierarten erfolgreich angesiedelt. Zudem verläuft parallel zur B474n ein natürliches Fließgewässer, dessen Uferbereiche naturnah gestaltet wurden.

Niederschläge werden von der Fahrbahn der B474n über Versickerungsmulden und Rohrleitungen in Regenrückhaltebecken geleitet. Zwei neue Regenrückhaltebecken und ein Klärbecken wurden so angelegt, dass eine natürliche Reinigung des Wassers durch längeren Kontakt mit der belebten Bodenzone erzielt wird. Zudem können die Regenrückhaltebecken mit ihrem Fassungsvermögen von insgesamt knapp 700 Kubikmetern Niederschläge, die in großen Mengen und kurzer Zeit anfallen, vorübergehend speichern. So kann die Menge des Niederschlagswassers, das gereinigt zurück in den natürlichen Wasserkreislauf geleitet wird, gedrosselt werden. Das ist wichtig, damit die Einleitung des Niederschlagswassers Flora und Fauna in dem natürlichen Fließgewässer nicht stört.

Vorher/Nachher – Das neue Stillgewässer entwickelt sich

links: Das neue Stillgewässer für Amphibien ist im Mai 2020 so groß wie zwei Olympische Schwimmbecken; rechts: Im August 2024 bieten Rohrkolben und andere Pflanzen natürliche Verstecke für Amphibien.

Ausgleichsmaßnahmen Waltrop

Die geplanten Kompensationsmaßnahmen haben überwiegend einen artenschutzrechtlichen Bezug. Sie umfassen eine Fläche von insgesamt etwa 70 Hektar; große Anteile davon befinden sich bereits im Eigentum von Straßen.NRW. Darüber hinaus sind auch im Abschnitt Waltrop umfangreiche Amphibienschutzmaßnahmen, die Anlage von Schutzzäunen und Überflughilfen entlang der Trasse sowie Regelungen zu Bauzeiten zur Vermeidung artenschutzrechtlicher Konflikte vorgesehen.

Natur und Artenschutz

Im Rahmen der Genehmigungsplanung zur Baurechtserlangung von Straßenbaumaßnahmen ist es erforderlich, sämtliche naturschutz- und artenschutzrechtlichen Belange zu berücksichtigen. Mit einer Maßnahme wie dem Neubau der B474n ist nach § 14 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) beziehungsweise § 30 Landesnaturschutzgesetz (LNatSchG NRW) ein Eingriff in Natur und Landschaft verbunden. Vor diesem Hintergrund wurden folgende Unterlagen zum Thema Natur erstellt:

  • UVP-Bericht (Unterlage 1.A I)
  • LBP: Landschaftspflegerischer Begleitplan (Unterlage 12 I)
  • AFB: Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag (Unterlage 12.3 I)
  • FFH - VP: Flora-Fauna-Habitats – Verträglichkeitsprüfung (Unterlage 12.5 I)
  • Fachgutachten zu den Stickstoffdepositionen (Unterlage 12.6.1 I)
  • Plausibilitätsprüfung der Faunadaten 2013 (und 2015) (Unterlage 12.4.4 I)
  • UVS: Umweltverträglichkeitsstudie (Unterlage 15.A I)
  • WRRL: Fachbeitrag zur EU-Wasserrahmenrichtlinie (Unterlage 13.A I)

Soweit erforderlich wurden die oben genannten Unterlagen für das Deckblattverfahren ergänzt, geändert oder neu erstellt und zeigen somit den aktuellen Stand der Planung. Das nachfolgende Video erklärt die Änderungen detailliert anhand von konkreten Beispielen aus den Unterlagen. Alle durch den Neubau der B474n verursachten Konflikte oder Eingriffe in Natur und Landschaft können durch eine Vielzahl unterschiedlicher Maßnahmen vermieden, ausgeglichen und ersetzt werden. Dazu gehören auch Maßnahmen die verhindern, dass es zu verbotenen Auswirkungen für Tiere und Pflanzen entsprechend des Bundesnaturschutzgesetzes kommt.

Alle Kompensationsmaßnahmen gemeinsam umfassen eine Fläche von insgesamt circa 70 Hektar. Viele der geplanten Kompensationsmaßnahmen wirken multifunktional und haben neben ihrer Funktion, betroffene Biotoptypen auszugleichen oder zu ersetzen, auch einen artenschutzrechtlichen Bezug. Darüber hinaus gibt es verschiedene Maßnahmen, die ausschließlich dem Artenschutz dienen, wie zum Beispiel umfangreiche Amphibienschutzmaßnahmen, die Anlage von Schutzzäunen und Überflughilfen entlang der Trasse oder Regelungen zu Bauzeiten.

Die Maßnahmen im Einzelnen

Detaillierte Beschreibungen aller Maßnahmen befinden sich im Anhang Nr. 5 des Landschaftspflegerischen Begleitplans (LBP), Stichwort: Maßnahmenblätter. Die Maßnahmen sind fortlaufend von 1-17 nummeriert, die daran anschließenden Buchstaben sind Abkürzungen für:

  • bV: bauzeitliche Vermeidungsmaßnahme wie zum Beispiel durch zeitweilige Nachtbaubeschränkungen
  • V: Vermeidungsmaßnahmen wie zum Beispiel die Schaffung von Tierdurchlässe oder Überflughilfen quer zur B474n
  • G: Gestaltungsmaßnahme wie zum Beispiel die Anlage von Straßenbegleitgrün (Einsaaten oder  Gehölzpflanzungen entlang der neuen B474n)
  • A: Ausgleichsmaßnahme wie zum Beispiel Entsiegelungen von bebauten Flächen oder neue Aufforstungen
  • ACEF: vorgezogene Ausgleichsmaßnahme für den Artenschutz wie zum Beispiel die Extensivierung eines Getreideackers durch Bewirtschaftungsauflagen bereits vor Baubeginn zum Schutz der Feldlerche
  • E: Ersatzmaßnahme wie zum Beispiel Extensivierung forstlicher Nutzung oder Entwicklung von extensivem Weideland
  • EFFH: Maßnahmen zur Kompensation von speziellen FFH-Lebensraumtypen (Flora-Fauna-Habitate) wie zum Beispiel die Entwicklung eines Hainsimsen-Buchenwaldes
  • S: Schutzmaßnahme wie zum Beispiel der Bau von Schutzzäunen zwischen Bauflächen und Gehölzbeständen
  • W: Wiederherstellungsmaßnahme wie zum Beispiel die Rekultivierung von Bauflächen durch Bodenlockerung und Oberbodenauftrag

Ortsumgehung Waltrop Natur- und Artenschutz

Erfahren Sie in diesem Video mehr zu den Aspekten Natur- und Artenschutz, welches im Rahmen der Infomesse 2021 erstellt wurde.

Wasser

Das bisherige Konzept zur Straßenentwässerung der geplanten B474n, Ortsumgehung Waltrop, musste insbesondere aufgrund der erfolgten Umplanung im Anschlussbereich der B474n an die L609 im Rahmen des Deckblattes I aktualisiert werden.

Der gesamte Planfeststellungsabschnitt wurde entsprechend seiner Topografie und der Lage der kreuzenden Gewässer und Gräben in Ableitungs- und Versickerungsbereiche beziehungsweise Einzugsgebiete (EZG) unterteilt. Das Straßenoberflächenwasser wird breitflächig über die Böschungen in Sickermulden, Straßenabläufe und Kanäle (Rohrleitungen) abgeleitet.

Das Oberflächenwasser des Entwässerungsabschnitts nördlich des Datteln-Hamm-Kanals wird dem Entwässerungskanal der B474n, Ortsumgehung Datteln, zugeführt. Von dort wird es über ein mit der B474n, Ortsumgehung Datteln, planfestgestelltes Regenklär- und Regenrückhaltebecken, das zusätzlich mit einem Retentionsbodenfilter ausgestattet wird, gedrosselt in das Gewässer Nr. 1.2.3 eingeleitet.

Die Durchgängigkeit des Fließgewässersystems wird durch Gewässerdurchlässe und lokale Grabenverlegungen aufrechterhalten. Insgesamt müssen fünf der Gewässer beziehungsweise Gräben bedingt durch die Baumaßnahme verlegt werden.

Straßen.NRW hat das fertige Entwässerungskonzept eng mit der Unteren Wasserbehörde des Kreises Recklinghausen und der Emschergenossenschaft abgestimmt. Der Neubau der B474n hat keine Auswirkungen auf umliegende Wasserschutzgebiete.

Ortsumgehung Waltrop Wasser

Video über die Thematik Wasser, welches im Rahmen der Infomesse 2021 erstellt wurde.

Immissionsschutz

Bundesstraßen wie die B474n wirken sich auf die Lärm- und Schadstoffbelastung in ihrer Umgebung aus. Zum Schutz der menschlichen Gesundheit muss bei der Planung gewährleistet werden, dass durch die neue Bundesstraße die gesetzlichen Grenzwerte für die Lärmbelastung und für die Konzentration verkehrsbedingter Schadstoffe in der Luft nicht überschritten werden. In jeweils eigenen Untersuchungen werden die zu erwartenden Immissionen in der beurteilungsrelevanten Umgebung prognostiziert, bewertet und in Hinblick auf Lärm entsprechende Schutzmaßnahmen ermittelt.

Ortsumgehung Waltrop Immissionsschutz

Erfahren Sie in diesem Video mehr zum Aspekt Immissionsschutz, welches im Rahmen der Infomesse 2021 erstellt wurde.

Mehr zum Thema Umwelt

Unsere Straßen sollen den aktuellen Anforderungen an Mobilität genügen, gleichzeitig aber auch uns selbst und der Tierwelt nicht schaden. Ein Spagat, der nicht immer leicht zu lösen ist.